Pamina Sulzberger

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1 novembre 2020

Onboarding von neuen Mitarbeitenden im Home-Office

Simple and cosy home-office with surf-board, bookshelf and small desk with laptop
Robert Bye @robertbye - Unsplash

In Covid-19-Zeiten musste vieles anderes ablaufen wie z.B. neue Mitarbeitende per remote onboarden. Wie können neue Mitarbeitende aus und in den Home-Office erfolgreich eingeführt werden? Wir haben ein paar Tipps und Hinweise zusammengestellt.

Schon im Juni hatten wir eine Anfrage für eine Mediation, in der eine neue Mitarbeiterin Anfang März ihre Stelle angetreten ist- ab Mitte März der Lockdown mit Homeoffice und sehr schnell führten unklare Aufgaben, Missverständnisse, verzerrte Wahrnehmungen zu ersten Konflikten. Das konnte schnell geklärt werden, da die Vorgesetzte sofort reagierte, als sie nach ersten Gesprächen mit den beiden Mitarbeitenden feststellte, dass der Konflikt von externen Mediatoren geklärt werden sollte.

Mitarbeitende per Video in ein Team zu integrieren ist zum Teil ähnlich wie wenn jemand physisch am Arbeitsplatz einführt wird. Eigentlich sollten die folgenden Tipps auch in dem physischen Setting berücksichtigt werden- die Erfahrung zeigt, dass es oft nicht der Fall ist.

Eine goldene Regel gilt vorab: Jegliche Video-meetings sollten mit Video stattfinden.

Avatars oder Profilfotos des Teams im Teammeeting zu sehen ähnelt einer unpersönlichen Telefonkonferenz. Das Video auszuschalten sollte nur in Ausnahmefälle toleriert werden, z.B. wenn die Kinder spontan einen Besuch bei Mama oder Papa machen…

Vorarbeit während dem Rekrutierungsprozess

Sicherstellen, dass die Grundvoraussetzungen gegeben sind

Während der Einstellungsgespräch können gewisse Voraussetzungen für das erfolgreiche Arbeiten per Remote auf dem Prüfstand gestellt werden. Eine Videokonferenz, die problemlos klappt ist nicht selbstverständlich. Dafür benötigt es mindestens einer guten Internet-Verbindung, ein funktionierender Computer mit Kamera und Software und ggf. Kopfhörer. Der Blick ins zukünftige Arbeitszimmer kann als Eindringen in die Privatsphäre empfunden werden, bringt allerdings gute Hinweise für die Arbeitsfähigkeit der Person im Home-Office.

Falls die Arbeitsmittel wie Computer nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, ist dieser Schritt massgebend für eine erfolgreiche Einführung und Zusammenarbeit.

Bereitschaft für das remote Arbeiten evaluieren

Unternehmen, welche quasi zu 100% remote aufgestellt sind, schon vor dem Ausbruch des Coronavirus, setzen oft auf Kandidaten und Kandidatinnen, die bereits Erfahrung haben mit Remote-Work. Das setzt voraus, dass sie die notwendige Flexibilität, Infrastruktur, Disziplin und Bereitschaft mitbringen. Während dem Rekrutierungs-Prozess kann bereits evaluiert werden, über welche Erfahrungen und Bedürfnisse die Kandidaten und Kandidatinnen verfügen. Was brauchen sie, damit sie sich wohlfühlen.

Gewisse Fragen können dabei helfen wie z.B.:

  • Wo sehen Sie die grössten Vor- und Nachteile beim Arbeiten im Home-Office?
  • Wie viel physischen Kontakt zu Arbeitskolleginnen und -Kollegen brauchen Sie im Alltag?
  • Wie würde Ihr Arbeitsplatz im Home-Office aussehen?

Eine Person, die wenig Bereitschaft zeigt, wird mehr Begleitung und Unterstützung benötigen, als eine Person, die bereits Erfahrung und Begeisterung für die Vorteile vom Home-Office mitbringt.

Kontakt aufbauen und Sozialisierung in das neue Team

Im Vorfeld informelle und formelle Kennenlerngespräche organisieren

Neue Mitarbeitende sollten insbesondere in der Anfangsphase genügend Berührungspunkte mit anderen Teammitglieder haben. Die Termineinladung sollte bereits bei Arbeitsbeginn vorliegen.

  • Im Vorfeld 2 bis 3 zukünftige Teammitglieder fragen, dass sie einen virtuellen Kaffee mit der zukünftigen Person einrichten.
  • Einzelne Fachgruppen für die Einführung in das Fachgebiet und das gegenseitige Kennenlernen, zwischen 3 bis 5 Personen ist ideal.
  • Mindestens ein Meeting mit dem gesamten Team für eine kurze Vorstellung ist in den ersten Tagen eine Notwendigkeit.

Regelmässige Team-Meetings

Die Vibes und Dynamik des Teams im Home-Office mitzubekommen ist anspruchsvoll, aber möglich! Und es hilft vor allem Mitarbeitenden motiviert zu sein und Freude an der Arbeit zu haben. Wesentlich dafür sind:

  • regelmässige Team-Meetings, das können wöchentliche oder sogar tägliche kurze Status-Updates sein,
  • informelle und terminierte Kaffee-Pausen, eine wichtige Komponente für die Teamdynamik und die Zusa

Unternehmens- und Teamkultur näherbringen

Hierfür gibt es kein Hexenwerk ausser Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Es braucht in einem Remote-Setting mehr Zeit und Disziplin, sich kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. Regelmässige Teammeetings und eine offene und transparente Kommunikationskultur sind ein Schlüsselfaktor und kommen in Remote-Teams mehr zum tragen als in einer Bürogemeinschaft.

Einführung in die Technologien und Arbeitswerkzeuge

Klarheit über die Kommunikationstool sicherstellen

Für welche Mittel welche Kommunikationstool genutzt werden ist wesentlich:

  • Nutzung von E-Mail inkl. Signatur,
  • wie werden Termine verschickt,
  • wie wird innerhalb vom Team kommuniziert (formell und informell),
  • welche Tools werden für Videokonferenzen genutzt,
  • wann und über welche Kanäle wird telefoniert (Handynummer, Webphone…).

Wesentlich ist auch, dass die Person eine Einführung für die jeweilige Software bekommt. Wie viel Zeit das in Anspruch nimmt hängt sehr stark mit Alter und Erfahrung zusammen. Hier gilt sich den Bedürfnissen der Person anzupassen. Und selbst eine Person, die vorher mit Slack gearbeitet hat wird eine kleine Einführung brauchen, um zu verstehen wie Slack am neuen Arbeitsplatz angewendet wird.

Ein Training mit einer IT-versierten Person am ersten Tag organisieren

Die neue Person sollte so schnell wie möglich nicht nur mit den Kommunikationstools, sondern mit allen Werkzeugen vertraut werden. Zugriff zur Dokumentenablage, Computersicherheit, Passwort-Management etc. sind wichtige Themen, die von Anfang an klar sein müssen.

Unterstützung im Aufbau des Home-Office

Zurverfügungstellung der notwendigen Arbeitsgeräte

Falls die Arbeitsgeräte (Computer, Telefon etc.) von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellt werden, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass diese spätestens am ersten Tag zur Verfügung stehen inkl. Anleitungen und Zugänge. Ein gutes Tracking und Logistik sollte gewährleistet sein: Liste der Mitarbeitenden zugeordnet zu den Geräten bzw. Gerätenummern etc.

Falls private Geräte als Arbeitswerkzeuge genutzt werden, sollte spätestens nach dem Vertragsabschluss geklärt werden, ob die Ansprüche des Unternehmens gewährleistet sind. Beispielsweise kann aus Sicherheitsgründen ein gewisses Betriebssystem oder eine Betriebsversion auf dem Computer notwendig sein.

Zeitfenster der Vorgesetzten und Buddy weit im Vorfeld reservieren

Schon während einem Bewerbungsgespräch kann der Bedarf an Unterstützung in der Anfangsphase erläutert werden. Eine Person, die bereits länger im Home-Office arbeitet, einen dezidierten Arbeitsplatz zu Hause eingerichtet hat und Freude an den damit verbundenen Freiheiten hat, benötigt weniger Unterstützung als andere. Andersrum wird eine Person, die noch nie wirklich remote gearbeitet hat und Wert auf ein kollegiales Umfeld legt, mehr Unterstützung und Begleitung benötigen, insbesondere in der Anfangsphase. Die Vorgesetzte oder/und ein Teammitglied (z.B. Buddy) sollten sich in den ersten Einarbeitungswochen genügend Zeit reservieren, um auf Bedenken, Anliegen und Fragen aktiv einzugehen.

Motivation und Engagement aus der Ferne fördern

2-Wochen-Plan erstellen

Täglich 2-3 Meetings mit Teamkollegen, Vorgesetzten, Netzwerkpartnern im Vorfeld planen. Eine gute Balance zwischen informellem und arbeitsbezogenem Austausch ist ideal. Mit einem kleinen Projekt starten, idealerweise eines, welches interdisziplinär ist, nicht komplex und in den ersten Wochen gut begleitet werden kann.

Gefäss für Fragen bereitstellen

Am Anfang tauchen oft viele Fragen auf. Im Büro können spontane Fragen schnell beantwortet werden, im Home-Office ist die Barriere etwas höher. Dafür eignen sich verschiedene Methoden, die zum Ziel haben, dass die Person ein Gefäss hat, um diese Fragen zu stellen. Z.B. kann der Vorgesetzte ein Dokument teilen, in dem die Person zu jedem Zeitpunkt ihre Fragen schreiben kann (z.B. Google-Docs, OneNote…), die mindestens 1x die Woche vom Buddy oder Vorgesetzten angeschaut wird. Zur Beantwortung eignen sich regelmässige und kurze Austausch-Meetings, in den ersten Wochen mehrmals die Woche, danach nach Bedarf. Mit den Fragen kann die Vorgesetzte die Person zu den jeweiligen Ansprechpersonen zuweisen und das Kennenlernen im Team gleichzeitig fördern.

Wichtige Informationen zugänglich machen

Am Anfang wird ein neues Teammitglied mit Informationen überflutet, bei der mündlichen Weitergabe von Informationen bleibt nicht immer das wichtigste hängen. Wertvoll kann also ein Informationsblatt sein, welches die wesentlichen Informationen behält. Achtung: kein 30-Seiten Handbuch, 2-3 Seiten maximum! Im Idealfall findet die zukünftige Mitarbeiterin oder der zukünftige Mitarbeiter die Infos einen Tag vor dem Start in der privaten Mailbox oder im Briefkasten. Inhalte sind unter anderem:

  • Zugang zum E-Mail mit Passwort,
  • wichtigste Kommunikations-Tool, allenfalls mit kurzer Anleitung oder wo sich Anleitungen befinden inkl. Zugangsdaten,
  • Kalender mit den wichtigsten Terminen in den ersten Tagen oder die erste Arbeitswoche,
  • Checkliste der ersten Aufgaben oder Ziele in der oder den ersten Wochen,
  • Überblick der Teammitglieder: Name, Kontaktdaten und Foto.

Selbständigkeit und Verantwortung zulassen, und fördern

Die wenigsten Menschen möchten am Arbeitsplatz kontrolliert und im wahrsten Sinne gemanaged werden. Insbesondere gute Mitarbeitende benötigen eine gewisse Selbständigkeit bei der Arbeit, um Motivation und Zufriedenheit auszustrahlen. Dieser Faktor hat eine viel höhere Gewichtung, wenn es darum geht, per remote zu arbeiten. Eine Führungskraft, die den Eindruck hat, mehr Kontrolle in diesem Setting ausüben zu müssen, weil die Mitarbeitenden nicht mehr im Büro arbeiten, wird grundsätzlich scheitern, denn genau dann ist ausschlaggebend, dass sie ihren Mitarbeitenden und ihren Teams die Verantwortung übergibt, ihren Tag, die Aufgaben und die Resultate selbst zu verantworten.

Schlusswort: Checklisten!

Generell eignen sich Checklisten sehr gut, damit der Aufwand bei der Führungsperson minimiert wird und nichts vergessen geht. Dabei können die einzelnen Punkte auch sehr einfach auf das gesamte Team aufgeteilt werden bzw. auf die geeigneten Fachpersonen. In allem ist das wichtigste, dass den neuen Mitarbeitenden genügend Zeit eingeräumt wird. Beispielsweise sollte unbedingt vermieden werden, dass jemand in einer stressigen Zeit anfängt. Stellen Sie sich vor, sie starten an einem neuen Arbeitsplatz, und keiner hat Zeit für Sie. Stellen Sie sich jetzt diese Situation in einem Home-Office-Setting vor…